• Staatsfinanzen

Das Grundprinzip der Staatsfinanzierung ist fast überall dasselbe: Bürger und Unternehmen zahlen ihre Steuern in eine große Staatskasse ein, und der Staat entscheidet dann zentral über die Verwendung dieser Mittel. Dieses Prinzip haben demokratische Staaten von ihren nichtdemokratischen Vorgängern, von Monarchien und Diktaturen, übernommen.

Das Neokratiekonzept bietet hierzu eine Alternative, die grundlegende neue Möglichkeiten fiskalischer Gestaltung eröffnet.

Das überkommene Grundprinzip der Staatsfinanzierung wurde auch in demokratischen Staaten bisher kaum in Frage gestellt. Dies ist schon deswegen erstaunlich, weil die Staatsfinanzen bei diesem Prinzip zumindest für die Bürger sehr schwer durchschaubar sind. Diese Intransparenz macht es Politikern leicht, den Bürgern Wohltaten zu versprechen, den damit unvermeidlich verbundenen anderweitigen Verzicht aber zu verschleiern.
Hinzu kommt, dass hierbei die Bürger in Wahlen immer nur ein diffuses Urteil über die Staatsfinanzen als ganze abgeben können, nicht aber gezielt über die Finanzen einzelner Ausgabenbereiche. Insofern untergräbt dieses System auch die demokratische Selbstbestimmung.

Aus diesem Grund wird hier – im Reformforum Neopolis – das Steuersystem zunächst in der Demokratie -Rubrik behandelt. Staatsfinanzierung ist aber natürlich auch ein zentrales Thema der Wirtschaftstheorie und der Wirtschaftspolitik. Ein staatliches Finanzsystem sollte immer auch dem Anspruch gerecht werden, zur Sicherung und zum Wachstum des Wohlstands beizutragen.

Die hier vorgestellte staatliche Finanzordnung ergibt sich aus dem Konzept des neokratischen Spartenstaates (mehrspurige Demokratie). Das Grundprinzip dieser Finanzordnung ist so einfach wie umwälzend: Der Staat wird in mehrere, für je eigene Politikbereiche zuständige Sparten aufgeteilt, die für die Deckung ihrer Ausgaben je eigene Steuern erheben können. An Stelle pauschaler Steuern, die in eine gesamtstaatliche Kasse fließen, würden Bürger und Unternehmen dann zweckgebundene Einzelsteuern an eigenständige Staatssparten abführen.
(Hierbei könnten auch mehrere Staatssparten auf dieselbe Steuerart zugreifen. Die Steuersätze wären dabei dem wechselnden Finanzbedarf der Sparten anzupassen. Zudem könnten die Staatssparten einander bei Bedarf auch Geld leihen.
Für die Kreditaufnahme von Staatssparten sollte allerdings die Zustimmung einer weiteren unabhängigen Staatsinstanz vorgeschrieben sein (sog. Fiskalrat).)

In diesem System würden die Bürger z.B. eine zweckgebundene Wehrsteuer zahlen, und über die Verwendung dieser Steuer würde eine demokratisch legitimierte Spartenregierung für Verteidigungspolitik entscheiden. Demnach wüsste jeder Bürger, welchen finanziellen Beitrag er selbst zur äußeren Sicherheit des Landes leistet. Zudem könnten die Bürger in diesem System bei Wahlen gezielt auf die Höhe der spartenspezifischen Steuer Einfluss nehmen (also z.B. auf die Wehr-Steuer).

Die Grundzüge einer auf dieses Prinzip gegründeten staatlichen Finanzordnung sind u.a. in dem Essay Die Logik der Finanzpolitik beschrieben (s.u.). In weiteren Essays (u.a. – Die Logik des Bürgergeldes und Die Logik der Umverteilung) und Büchern (U.a. Der Neue Sozialstaat und Universal Basic Income and the Reshaping of Democracy) ist dargelegt, dass diese Finanzordnung nicht nur bestmöglich transparent und demokratisch ist. Sie würde auch verbesserte Voraussetzungen für die Realisierung sozialer Gerechtigkeit und für Wohlstandssicherung und Wohlstandswachstum schaffen.

Essays und Artikel